Skip to main content

Warum Broadcaster SVOD-Plattformen 2024 überholen können: Die einst totgesagten nationalen Broadcaster haben alle Voraussetzungen, globale Streaming-Anbieter auf Dauer zu überholen, aber sie müssen grundsätzliche Veränderungsprozesse einleiten.

Ein Artikel über Streaming-Innovationen von Jay-CEO Peter Effenberg

Lasst uns einen Blick auf die Evolution des deutschen Fernsehens werfen. Sind die nationalen Broadcaster bereit für die Zukunft des Fernsehens? Können sie den globalen Streaming-Giganten auf Dauer sogar den Rang ablaufen? Für mich ist die Antwort: Ja! …aber.

In drei Zügen möchte ich darum die Bedeutung von wirtschaftlicher Stärke, inhaltlicher Vielfalt und veränderten Zuschauergewohnheiten skizzieren, und warum es so wichtig ist, den Wandel zu begrüßen. Dies passiert hier mit Blick auf den deutschen Markt, ist aber meiner Meinung nach generell anwendbar. 

Wirtschaftskraft jenseits von Abo-Modellen

Sender verfügen über einen einzigartigen Vorteil, der in stabilen Vertriebs- und Werbekanälen verankert ist. Im Gegensatz zu globalen Streaming-Plattformen braucht es für Broadcaster keinen Übergang von Subscription Video on Demand (SVOD) zu Advertising Video on Demand (AVOD) – beide Formen gehen Hand in Hand. Sie können so ihre bestehende Infrastruktur für eine schnelle Rentabilität nutzen. Streaming-Plattformen wie Netflix, Disney oder Amazon stehen hingegen vor der zeit- und kostenintensiven Herausforderung, ganz neue AVOD-Kanäle, interne Werbeabteilungen und Kundenbeziehungen zu Werbepartnern erst aufzubauen. Die Sender aber haben all das bereits! Mit ihren zahlreichen Vertriebskanälen und etablierten Beziehungen zu Werbekunden sind sie in einer optimalen Position, um zu florieren. Broadcaster können dabei auf Einnahmen aus ihrem traditionellen Fernsehgeschäft zurückgreifen; der Verkauf von Werbung in-stream ist ein zusätzlicher, wachsender Absatzkanal. Gleichzeitig wachsen die Abonnentenzahlen bei den Sendern kontinuierlich.

Qualität ist König, aber auch Vielfalt zählt

Wenn wir schon über die Subscriber sprechen: Im Kampf um die Aufmerksamkeit der Zuschauer:innen spielt neben Qualität die Vielfalt von Content eine entscheidende Rolle. Natürlich verfügen Streaming-Dienste wie Disney+ oder Paramount+ über ein enormes Archiv an etablierten, bekannten Eigenproduktionen und produzieren neue Inhalte. Während jedoch die Ausgaben für neue Produktionen bei allen globalen Streaming-Anbietern in den letzten Monaten deutlich gesunken sind, verfügen die Sender mit ihrem ständigen Strom neuer Produktionen über einen stabilen Nachschub.

Gleichzeitig kombinieren Broadcaster die unterschiedlichen Distributionsformen Kabel/Satellit und Streaming – und haben so (auch für ihre Werbekunden) sehr hohe Zuschauerreichweiten.

Zudem verschafft den Broadcastern die enorme Bandbreite ihrer Formate einen weiteren Vorteil. Während Netflix & Co. über Jahre vor allem Serien, Spielfilme und Dokus angeboten haben, verfügen Broadcaster über eine enorme und stetig wachsende Inhalte-Vielfalt: Spielfilme, Serien, Dokus, Shows, News, Sport. Insbesondere Sport und Live-Shows sind Zugpferde! Das wird deutlich in Evan Shapiros Auswertung der Publikumszahlen der US TOP 100 Shows, in denen Sport-Events klar dominieren. Und das erklärt auch, weshalb Streaming-Anbieter zunehmend in Live-Content investieren: Amazon in die europäische Champions League, Netflix ab 2025 in WWE. 

Sagen wir es also: Live-Content is King. Und nicht selten auch eine gesellschaftliche Klammer. Ich nenne es Lagerfeuer.

Folge dem Nutzer(-verhalten)

Das Nutzerverhalten hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert (und wir sind noch immer mittendrin). Früher gab es eine starke Bindung de:r Zuschauer:innen an eine Marke, einen Sender. Heute ist dies eine Inhalte-Bindung: ich suche mir meine Lieblingsserie eben da, wo sie gerade läuft. Ich identifiziere mich nicht mehr mit einem Sender und dessen Programm, nein, ich gehe mit den Inhalten, denn die holen mich ab und über die spreche ich mit meinen Freund:innen.

Aus neuen Verhaltensweisen entstehen neue Anforderungen: Denn diese Vielzahl an Anbietern zu navigieren, produziert Frust. „Wo war nochmal The Bear?“, „Ach, die NFL läuft ja auf RTL+.“ Es zeigt sich, dass Aggregation von Inhalten das Thema des Jahres 2024 wird. Nach einer Studie von Ampere Analysis sind 38% der US-Befragten vom aktuellen Plattform-Angebot überfordert und 50% wünschen sich eine Aggregation. In einer App könnten alle Inhalte gefunden und direkt im Programm des Anbieters aufgerufen werden. Dieser Datenaustausch zwischen Plattformen ermöglicht übergreifende Empfehlungssysteme und damit ein verbessertes Nutzererlebnis – ganz zu schweigen von der Anwendung kontextualisierter und personalisierter Werbung. Und genau hier sind die Broadcaster wieder Pioniere: sie setzen die Verknüpfung eigener Inhalte mit denen anderer Plattformen bereits um. Bei einem Anbieter wie Sky kann ich alle globalen Streaming-Anbieter direkt aufrufen plus die nationalen Angebote. ARD und ZDF verlinken ihre jeweiligen Inhalte aufeinander. Selbst die ProSiebenSat.1 Plattform joyn bietet Inhalte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Was mich zu einem anderen Punkt bringt: Das Seh-Erlebnis. Das beginnt nicht mit dem Starten des Films, sondern bereits mit dem Aufruf der Plattform. Zentral werden damit das Design, die Usability und die Features eines Anbieters. Denn wir sind heute alle einen Standard gewohnt und haben keine Toleranz für veraltete, umständliche oder langsame Interfaces. Die Schlüsselworte heißen hier: Innovation und Interaktion. Wird meine Show durch Bonusmaterial wie Informationen zu Schauspieler:innen, Drehorten oder historischen Fakten erweitert? Kann ich direkt aus einem Inhalt zu einem anderen Inhalt springen? Höre ich Musik oder sehe ich Outfits, die ich problemlos in-stream kaufen kann? Das Ziel muss sein, den Nutzer:innen mehr zu geben als nur etwas zum Anschauen. Hier sind alle Anbieter bisher gleich: Armselig. Steigert endlich das Seh-Erlebnis!

Stellt euch den Herausforderungen!

Die Herausforderung liegt in der Fähigkeit der Sender, sich an die sich ändernden Zuschauerpräferenzen anzupassen und sich von der alten Denkweise „linear vs. nicht-linear“ zu lösen. Die Eigenart, Fortschritt als Ablösung zu denken, sollte man verlernen. Produktiv ist das Erkennen, dass neue Technologie eine Ergänzung ist.  

Denn trotz der offensichtlichen Vorteile stehen die Rundfunkanstalten vor der Herausforderung, ihr volles Potenzial zu erkennen. Das langsame Anpassungstempo, die mangelnde Bereitschaft, bestehende Strukturen in Frage zu stellen, und die Schwierigkeit, die sich verändernden Nutzerbedürfnisse zu verstehen, behindern ihren Fortschritt. Die Zeit ist gekommen für einen ganzheitlichen Ansatz mit den Zuschauer:innen im Zentrum – die nahtlose Integration von Designs und Schnittstellen in das Nutzererlebnis, die plattformübergreifende Auffindbarkeit von Inhalten und die kompetente Verwertung von Nutzerdaten für personalisierte Empfehlungen und neue Absatzkanäle.

Das Bemerkenswerte ist: Es sind die gleichen Wachstumsschmerzen, die andere Industrien bereits durchlaufen haben. Ich denke hier an Musik, an Gaming und an die Kreativen: Der Übergang vom physischen Medium ins Digitale hatte einige voreilige Abgesänge auf die LP, die CD, ganze Berufsfelder und Vertriebswege zur Folge. Heute merken wir aber, dass überall eine Konvergenz zu sehen ist. Die Innovationen des Neuen wurden mit der Erfahrung und Stabilität des Bestehenden zu einem besseren Ganzen vereint. Das sehe ich auch für die TV- & Streaming-Industrie: Die Sender müssen von der Innovationskraft der Tech- und Streaming-Anbieter lernen, Techniken und neue Geschäftsmodelle prüfen und auf dem eigenen stabilen Fundament, von innen heraus, eine zukunftsfähige Industrie aufbauen.

Für mich ist damit klar, dass Sender die Streaming-Plattformen in den Schatten stellen können – wenn sie jetzt die richtigen Entscheidungen treffen und diese auch sofort umsetzen! Der Schlüssel liegt in der Annahme einer technologieoffenen Online-First-Mentalität, dem Abbau der enormen Tech Debt, die hierzulande herrscht und der Nutzung neuer technischer Lösungen.

Deshalb mein Appell an die Broadcaster: Nehmt den Wandel ernst, zeigt den Willen zur Innovation und nutzt das Potenzial, das euch zur Verfügung steht. Dann geht ihr nicht unter wie einst prognostiziert: dann zieht ihr vielleicht bald an den Streaming-Giganten vorbei.

jay is a service by

Follow us

Funded by

Newsletter abonnieren

Sign up for our newsletter

jay is a service by

Investment by

Funded by

Sign up for our newsletter

jay is a service by

Investment by

Funded by

2024 © transfermedia production services GmbH

2024 © transfermedia production services GmbH

Dies schließt sich in 0Sekunden